Aber was, wenn genau das der Brandbeschleuniger für unsere operativen Feuer ist?
Ich beobachte in Organisationen – nicht nur in Steuerkanzleien – ein verbreitetes Phänomen: Führungskräfte arbeiten systematisch unter ihrer Rolle. Geschäftsführer löschen operative Brände. Bereichsleiter rennen Aufgaben hinterher. Teamleiter mutieren zu Sachbearbeitern.
Strategiearbeit? Wird aufgeschoben.
Kollaboration? Wird vertagt.
Innovation? Wird im Meeting besprochen – wenn es denn nicht wieder verschoben wurde.
Systemtheoretisch betrachtet ist das kein individuelles Führungsversagen, sondern Ausdruck der strukturellen Kopplung von Organisation und Umwelt. Die Kommunikation richtet sich nach dem, was anschlussfähig ist – und das ist im stressigen Alltag oft das Nächstliegende, nicht das Nötige.
In meinem Buch „Neue Arbeitswelt in der Steuerberatung“ beschreibe ich, wie diese Logik dazu führt, dass wir Organisationen wie Feuerwehrstationen betreiben. Ständig einsatzbereit, aber ohne Infrastruktur für Prävention, strategisches Denken oder Zukunftsfähigkeit.
Und was passiert dann?
Die teuersten Köpfe bekämpfen Symptome, statt Ursachen zu gestalten.
Die operative Hektik ersetzt strukturelle Klugheit.
Das System wird blind für das, was es langfristig trägt.
Der systemtheoretische Hebel liegt nicht im Appell an mehr Disziplin oder Selbstorganisation.
Sondern im Design von Entscheidungsprämissen.
Was darf überhaupt strategisch gedacht werden, wenn die Organisation ausschließlich auf Feueralarm programmiert ist?
Meine Einladung: Entzieht der Feuerwehrlogik ihre strukturelle Grundlage.
Führt Gespräche über Entscheidbarkeit statt Verantwortlichkeiten.
Nutzt Theorie als Denkwerkzeug – nicht als Rezept, sondern als Abkürzung zum Verstehen.
Denn: Wer nur operativ handelt, gestaltet keine Zukunft.
Wer sich fragt, warum ich mir die Freiheit nehme, über Organisationen so zu sprechen, als wären sie nicht einfach die Summe ihrer Menschen – dem sei die Systemtheorie ans Herz gelegt.
Sie ist kein Rezeptbuch. Keine Methode. Kein Framework. Sie ist ein Denkwerkzeug.
Eine Brille, durch die man plötzlich erkennt, warum gut gemeinte Maßnahmen oft so wenig bewirken.
Und warum nicht die Menschen, sondern die Verhältnisse verändert werden müssen, wenn wir wirklich etwas verändern wollen.
Oder wie ich es in meiner Arbeit oft formuliere:
Organisationen bestehen nicht aus Menschen.
Sondern aus Kommunikation.
Und die folgt einer eigenen Logik.
